Er ist einer der erfolgreichsten Jungunternehmen in Sachen alternative Proteine und hat sein Glück im Stadtstaat Singapur gefunden: Timo Recker. Dabei verändert er nicht nur mit seiner pflanzenbasierten Chicken-Alternative Tindle den Markt. Neben dem seit Februar im deutschen Einzelhandel gelisteten Produkt findet sich in Zukunft eventuell auch eine Milchalternative. Denn gerade erst hat das Unternehmen NextGen, das hinter Tindle steckt, den Kauf vom MWAH! bekanntgegeben und damit den Schritt in Richtung pflanzenbasierter Milch.
1) Welche Rolle spielt Fleisch noch in deinem Leben?
Eine geringe. Wir haben unser Fleischunternehmen verkauft. Meine Ernährung ist auch zum größten Teil pflanzenbasiert. In manchen Ländern ist es noch eine Herausforderung, aber das ist meine Leidenschaft. Deshalb ist es meine bevorzugte Lebensweise. Gleichzeitig will ich niemanden beschränken. Das ist auch unser Glaube bei Tindle. Wir wollen niemanden konvertieren, sondern einfach genießbare Gerichte kreieren, die für alle zugänglich sind. Jeder soll die freie Wahl haben. Vielleicht fangen die FLexitarier und sogar Omnivoren mit einem pflanzenbasierten Tag an. Dann ernähren sie sich vielleicht drei Tage in der Woche pflanzenbasiert. Das würde schon einen Riesenunterschied für die Welt machen. Da müssen wir drauf hinarbeiten.
2) Du hast nicht immer eine vegane Lebensweise verfolgt. Wie bist du damit in Berührung gekommen?
Es gab diesen Moment 2010 in London, als ich ein vegetarisches Schnitzel gegessen habe, das richtig gut war. Diesen Moment habe ich nie vergessen. Meine Gedanken habe ich mit in das Familienunternehmen genommen. Ich habe mich danach auch kurze Zeit für eine vegane Ernährung entschieden. Daraufhin habe ich flexitarisch gelebt. Jetzt bin ich wieder zum Veganismus übergegangen. Das war auch für mich persönlich eine aufregende und abwechslungsreiche Reise. Die Produkte damals waren noch nicht so gut und ich war Fleischliebhaber. Ich habe mich aber weiterentwickelt. Es sind alles Gewohnheiten und Gewohnheiten abzulegen, geht nicht von heute auf morgen. Mittlerweile ist es für mich ganz natürlich, zur Alternative zu greifen.
3) Wie kann die Fleischindustrie diese Reise auf Unternehmensebene erfolgreich durchlaufen, um Teil der Transformation zu sein?
Fleisch wird noch ganz lange Teil des Proteinmixes sein. Wenn man ein führendes Unternehmen am Markt ist und effizient produziert, dann wird das auch langfristig durch die neuen Produkte nicht gefährdet sein. Was wir sehen werden, ist Konsolidierung. Fleisch wird weiter gegessen. Es sei denn, die Regierung entscheidet so wie bei den Verbrennungsmotoren, dass es kein Fleisch mehr gibt. Ein eher unrealistisches Szenario. Realistischer ist ein gemischter Markt aus traditionellen Fleischprodukten, pflanzenbasierten Alternativen und irgendwann auch zellenbasierten Lebensmitteln. Global sind wir erst bei einem Prozent. Still a long way to go.
4) Gibt es etwas, das du der Industrie mit auf den Weg geben möchtest?
Es sind tolle Unternehmer, die viel aufgebaut haben und jetzt mit Innovationskraft rangehen. Die unternehmerische Energie und Kraft ist super. Sie bringen den Markt nach vorne. Das große Ziel ist, einen höheren Anteil pflanzenbasierter Produkte im Proteinmix zu haben, und da ist der Beitrag beachtlich, der derzeit geleistet wird. Da denken die deutschen Unternehmen schon sehr innovativ. Wir sprechen gerne mit allen Akteuren. Und es ist auf jeden Fall interessant zu hören, was die Ambitionen der Marktteilnehmer sind. Wir sehen hier ein wachsendes Segment, ein erfolgreiches Segment mit Potenzial. Die Nachfrage ist da und darauf kommt es an.
... ist Sohn eines Unternehmers der Fleischindustrie und einer der frühen Pioniere im Bereich der Entwicklung pflanzenbasierter Fleischalternativen. Während er am Anfang seiner Proteinkarriere gemeinsam mit seinem Vater aus Fleisch Convenience-Produkte herstellte, stand für Recker schnell fest, dass das nicht seine Zukunft ist. Mit dem von ihm 2013 gegründeten LikeMeat schaffte er 2019 den Exit und ging nach Singapur. Dort gründete er das FoodTech-Unternehmen NextGen und entwickelte gemeinsam mit seinem Team die Marke und das Produkt Tindle.
Dieser Text erschien zuerst auf www.agrarzeitung.de.