
Tierwohl-Label Siegel müssen Versprechen erfüllen
Das Bedürfnis nach Sicherheit und die Bestätigung, das Richtige zu tun, ist tief in uns Menschen verankert. Besonders wenn die Angebotsvielfalt und die Sortimentsbreite unübersichtlich für die Verbraucher werden, ist guter Rat gefragt. Das spornt den Ehrgeiz der Vertriebsstrategen an, und aus dem großen Marketing-Bausatz werden viele Werkzeuge gezaubert, damit die Kunden mit gutem Gewissen zugreifen.
Bei den Verbrauchern sprechen Lebensmittel tierischen Ursprungs durchaus Schmerzpunkte an, denn für das Stück Fleisch, den Schinken oder die Wurst musste ein Tier sein Leben lassen. Dieser Umstand bietet allerdings nicht die größte Angriffsfläche. Der Umgang mit Rind, Schwein und Geflügel steht bei den Bürgern sehr viel stärker im Fokus. So denken die Menschen viel mehr über die Haltung und Fütterung von Nutztieren sowie das Führen zur Schlachtbank nach als in früheren Zeiten. Der Wunsch, dass es das Geschöpf wenigstens gut gehabt hat, bevor es sein Leben für uns als Nahrungsmittel ließ, treibt die Konsumenten um.
Lebensmittelhandel und Fleischerhandwerk nehmen dieses veränderte Bewusstsein schon länger wahr. Es gibt unterschiedliche Lösungsansätze, und die Politik setzt auf ein staatliches Tierwohl-Label. Daran doktern Ministerien, Lobbyisten, Unternehmensvertreter und NGOs seit mehreren Jahren mit verschiedenen Vorstellungen herum. Das dauert den Vermarktern – Händlern und Metzgern – viel zu lange.
Aldi, Kaufland, Lidl, Netto, Penny und Rewe brachten ihre jeweils eigene Haltungskennzeichnung an den Start. Damit überholte der Handel die Politik, und die Verbraucher wurden mit neuen Auslobungen überschüttet. Die privatwirtschaftliche Initiative ist grundsätzlich zu begrüßen. Insbesondere das damit verfolgte Ziel, das Haltungs- und Tierwohlniveau langfristig zu verbessern. Doch Stallhaltung, Stallhaltung plus, Außenklima und Bioqualitäten sagen noch nicht viel über den Umgang mit den Tieren aus. Das zeigten heimlich gedrehte Aufnahmen aus Ställen und Schlachthöfen in diesem Jahr leider zu oft. Die Ausweisung einer Haltungsform zielt nicht zwangsläufig auf eine Erhöhung des Tierwohls ab. Vielleicht soll das von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner favorisierte staatliche Tierwohl-Label auch deshalb keine Haltungskennzeichnung sein.
