Digitalisierung: Online bestellen, in der Nac...
Digitalisierung

Online bestellen, in der Nachbarschaft abholen

Marktschwärmer
Erzeugerin übergibt die Onlinebestellung persönlich.
Erzeugerin übergibt die Onlinebestellung persönlich.

BERLIN Auf der Online-Plattform Marktschwaermer.de bieten regionale Erzeuger ihre Produkte an. Einmal in der Woche bringen sie sie zu einer „Schwärmerei“ und übergeben sie ihren Kunden.

Ein regionales Angebot, kombiniert mit einer regionalen Wertschöpfung und fairen Preisen für Qualität: Das ist die Idee des digitalen Bauernmarkts, die das Projekt „La Ruche Qui Dit Oui!“ (Der Bienenstock, der Ja sagt) 2011 in Frankreich gestartet hat. In Deutschland betreuen die „Marktschwärmer“ die gleichnamige Online-Plattform von Berlin aus.


Zunächst findet ein „Gastgeber“ einen Standort in der Nachbarschaft, etwa ein Gemeindesaal, Vereinshaus, Café oder ein Restaurant, und bringt dann eine Gemeinschaft aus Erzeugern und Verbraucher zusammen – fertig ist die sogenannte Schwärmerei. Die verschiedenen Erzeuger bieten ihre Produkte auf Marktschwaermer.de an, die Kunden bestellen und bezahlen die Lebensmittel online, und einmal in der Woche treffen sich alle persönlich zur Verteilung der Produkte in der sogenannten Schwärmerei.

„Die Gastgeber der einzelnen Schwärmerei kennen die Region am besten, denn Hamburg funktioniert anders als Bayern“, erläutert die Projektleiterin Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkkommunikation, Odilia Dickershoff, das Prinzip des dezentral organisierten Netzwerks. „Damit sorgen wir dafür, dass jede lokale Gemeinschaft sich selbstständig entwickeln kann.“

Marktschwärmer will die regionale Wertschöpfung und eine nachhaltige Esskultur fördern, indem sie nachvollziehbare und faire Produktions- und Handelsketten schaffen. „Ein Einkauf bei der Marktschwärmerei legt durchschnittlich nur 40 km zurück, bis er auf dem Teller landet. Die Produktion ist nachhaltig, die Wege sind kurz und man kann verpackungsarm einkaufen.“

Transparent sind auch die Gebühren des digitalen Bauernmarkts. Bei einem Einkauf von 100 Euro gehen 81,65 Prozent an den Erzeuger oder Lebensmittelhandwerker, 8,35 Prozent an den Gastgeber, rund 1,9 Prozent an den Zahlungsdienstleister und 8,1 Prozent an das Marktschwärmer-Team.

„Die Produzenten legen ihren Preis selbst fest, da reden wir nicht rein“, sagt Dickershoff. „Jeder Anbieter hat einen personalisierten Verkaufsbereich. Wir übernehmen die Vermittlung und die technische Abwicklung, geben Tipps, wie man ein Netzwerk aufbaut und stellen passendes Material zur Verfügung.“ Außerdem müsse man sich nicht langfristig binden. Man sei flexibel und könne jederzeit das eigene Angebot den saisonalen Erträgen anpassen und die Vereinbarkeit zum eigenen Geschäft ausprobieren.

„Am Ende des Arbeitstags haben die Erzeuger einen neuen Absatzweg, der mit ihrer Arbeit beispielsweise auf dem Hof, Märkten oder Metzgereien und Bäckereien vereinbar ist“, wirbt Dickershoff. Außerdem fänden sie neue Abnehmergruppen, und die Bestellungen sind gut planbar. Durch die Präsenz im Internet und den persönlichen Austausch sei auch die Wertschätzung der Kunden für Lebensmittel und Produzenten viel höher.

Nichts wird weggeworfen

Anders als auf einem Markt falle zudem kein Abfall an, weil die Erzeuger einfach mitbringen, was vorbestellt wurde. Für diesen Aspekt hat Marktschwärmer kürzlich den Preis „Zu gut für die Tonne!“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erhalten, der Projekte auszeichnet, die helfen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.

Die erste deutsche Schwärmerei wurde im Juli 2014 in Berlin eröffnet. Inzwischen gibt es 153 aktive Schwärmereien in 13 Bundesländern, 35 sind derzeit im Aufbau. Die Kombination aus Onlineshop und Bauernmarkt hat hierzulande aktuell mehr als 3.000 registrierte Erzeuger – darunter rund 90 Metzger und 200 Bäcker – und mehr als 210.000 registrierte Nutzer. In Europa gibt es aktuell in sieben Ländern mehr als 1.100 Schwärmereien.

Die Bandbreite an regionalen Lebensmitteln ist groß, berichtet Dickershoff. Über gelegentliche Versandaktionen könnten aber auch schon mal beispielsweise Südfrüchte oder luftgetrocknete Schinkenspezialitäten bundesweit angeboten werden. Das beliebteste Marktschwärmer-Produkt ist jedoch ohnehin in allen Schwärmereien vertreten: Der Bestseller hierzulande ist das Ei.

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Quelle: afz - allgemeine fleischer zeitung 49/2022

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