Förderpreis der Fleischwirtschaft: Leidenscha...
Förderpreis der Fleischwirtschaft

Leidenschaft für Landwirtschaft

Samuel Buscapé
Ausgezeichnet von den Fleischmedien der dfv Mediengruppe mit dem „Förderpreis der Fleischwirtschaft“ in der Kategorie „Wissenschaft“: Annika Thies.
Ausgezeichnet von den Fleischmedien der dfv Mediengruppe mit dem „Förderpreis der Fleischwirtschaft“ in der Kategorie „Wissenschaft“: Annika Thies.

BRAUNSCHWEIG Annika Thies, Gewinnerin des Förderpreises der Fleischwirtschaft 2021, beschäftigt sich in ihrer Promotion mit dem Fleischverzehr der Deutschen und den Lebensmittel-Verlusten in der Kette.

Ein großes Interesse an der Ernährungsbranche und die Lust, andere Länder und Kulturen kennenzulernen. Diese beiden Leidenschaften prägen Annika Thies schon seit ihrer Schulzeit. Und so ging die heute 30-Jährige nach dem Abitur, das sie im niedersächsischen Springe abgelegt hat, erst einmal ganz ans andere Ende der Welt: Rund ein halbes Jahr verbrachte sie in Australien, die meiste Zeit arbeitete sie dort für einen Rinderbetrieb. Beeindruckt hat sie vor allem die Form der Weidehaltung: „Den Rindern stehen dort riesige Flächen zur Verfügung.“

Spätestens nach den Erlebnissen in Down Under stand für Annika Thies fest: Ich werde Agrarwissenschaften studieren. Ihre Eltern seien zunächst durchaus etwas irritiert gewesen, sagt sie heute lachend. Der Vater (Zahnarzt) und die Mutter (Journalistin) hätten sich gar nicht recht vorstellen können, was sie denn mit diesem Studium werden wolle; familiäre Verbindungen zur Landwirtschaft jedenfalls gab es bis dato nicht. Doch die Tochter ließ sich nicht beirren – und hat mittlerweile längst auch ihre Eltern überzeugt.
Während ihres Bachelorstudiums an der Georg-August-Universität in Göttingen absolvierte Thies mehrere Praktika bei landwirtschaftlichen Unternehmen, darunter eines bei einem Milchvieh-Betrieb in Irland. Eine weitere hoch interessante Erfahrung sei das gewesen, sagt sie. Sowohl in beruflicher als auch in kultureller Hinsicht. In ihrer Bachelorarbeit beschäftigte sie sich mit dem Thema Einkommen in der Landwirtschaft. Sie untersuchte dabei unter anderem die Frage, wie viele Menschen in der Branche von Armut betroffen sind.

Auch das Masterstudium absolvierte sie in Göttingen. Und ein weiteres Mal zog es sie in dieser Zeit in die Ferne: Für ein Auslandssemester ging sie an die Uni in der chilenischen Stadt Talca. Was durchaus mutig war, sprach sie doch zu diesem Zeitpunkt noch kaum ein Wort Spanisch, wie sie schmunzelnd erklärt. Doch davon ließ sie sich nicht beirren. Eine ausgesprochen interessante Erfahrung sei der Aufenthalt in Südamerika gewesen, erklärt sie. In ihrer Masterarbeit untersuchte sie die Exporte von Hähnchenfleisch aus Europa in afrikanische Länder, unter besonderer Berücksichtigung der Frage, ob es sich dabei in erster Linie um die Ausfuhr von „Billigfleisch“ handele. Sie kam zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist. Dass dieses Thema bei der Politik auf großes Interesse stoße, habe sie bei einem Praktikum im Bundeslandwirtschaftsministerium festgestellt, erklärt Thies.
Die Masterarbeit erstellte sie in Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut für Marktanalyse. Bei dem in Braunschweig ansässigen Bundesforschungsinstitut ist Thies derzeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. Und auch ihre Doktorarbeit erstellt sie im Rahmen eines Projekts des Thünen-Instituts. Dass sie promovieren würde, stand keineswegs von vornherein fest, sagt Thies. Eigentlich hatte sie nach dem Master-Abschluss schon die ersten Bewerbungs-Gespräche geführt. Doch dann sei sie eben auf dieses interessante Projekt des Thünen-Instituts aufmerksam geworden.

Worum geht es dabei? Einerseits hat Thies im Rahmen ihrer Doktorarbeit neu berechnet, wie viel Fleisch die Deutschen derzeit pro Jahr durchschnittlich pro Kopf verzehren. „Mehr als 60 Kilos ist viel zu viel – sowohl aus gesundheitlicher als auch aus ökologischer Sicht.“ Hier gelte es, einzelne Konsumentengruppen noch besser aufzuklären und sie davon zu überzeugen, weniger und dafür möglichst hochwertigeres Fleisch zu essen. In einem weiteren Schwerpunkt ihrer Dissertation beschäftigt sich Thies mit dem Problem der Lebensmittel-Verschwendung. „Es ist deutlich zu erkennen, dass der überwiegende Teil der Verluste ganz am Ende der Kette anfällt.“ Soll heißen: In den Haushalten der Konsumenten, aber auch in Kantinen und Restaurants. „Es tut mir in der Seele weh wenn ich sehe, wie beispielsweise bei einem Brunch-Büfett viele Platten voller Fleisch rausgetragen werden und am Ende ein großer Teil weggeworfen werden muss.“ Hier plädiert sie unter anderem dafür, die Akzeptanz von Doggy Bags zu erhöhen und vor allem die Möglichkeiten zu erweitern, übrig gebliebene Lebensmittel an Bedürftige abzugeben, beispielsweise an die Tafeln.
„Weniger, aber dafür hochwertigeres Fleisch.“
Annika Thies
Voraussichtlich im Frühjahr 2022 will Annika Thies ihre Promotion abschließen. Und dann? Möchte sie gern ein weiteres Mal ins Ausland gehen. „Ein Postgraduierten-Studium in den USA fände ich sehr reizvoll.“ Dafür würde sie dann auch das Preisgeld nutzen, das sie als Gewinnerin des Förderpreises der Fleischwirtschaft von afz und „Fleischwirtschaft“ in der Kategorie „Wissenschaft“ gewonnen hat. Aber auch eine Tätigkeit bei der FAO, der Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation der UNO mit Sitz in Rom, könnte sie sich gut vorstellen. Auch das wäre schließlich eine gute Gelegenheit, die Leidenschaft für die Ernährungsbranche mit der Lust auf andere Kulturen unter einen Hut zu bringen.

Förderpreis der Fleischwirtschaft 2021



Quelle: afz - allgemeine fleischer zeitung 8/2022

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