Karriere im Fleischerhandwerk: Fleischerkitte...
Karriere im Fleischerhandwerk

Fleischerkittel statt Kostüm

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Zupackende Managerin eines mittelständischen Unternehmens: Metzgermeisterin Silke Frick.
Zupackende Managerin eines mittelständischen Unternehmens: Metzgermeisterin Silke Frick.

KRAUCHENWIES Nach einem dualen Betriebswirtschaftsstudium merkte Silke Frick aus Krauchenwies: „Das Persönliche und das Miteinander fehlen mir.“ Die 28-Jährige kehrte in den elterlichen Betrieb zurück, legte die Meisterprüfung ab und ist heute Chefin von 140 Mitarbeitenden.

Mit gerade mal 28 Jahren Chefin von rund 140 Mitarbeitern? Und das im noch immer männerdominierten Fleischerhandwerk? Für Fleischermeisterin Silke Frick ist beides kein Thema. Seit 2022 ist sie Geschäftsführerin der Metzgerei Frick und leitet das in der 5.000-Einwohner-Gemeinde Krauchenwies (Landkreis Sigmaringen) ansässige Familienunternehmen in dritter Generation.

„Nein, in die Metzgerei wollte ich erst einmal überhaupt nicht“, sagt die junge Frau lachend. Nach ihrem Abitur begann sie 2015 ein duales BWL-Studium in einem Industrieunternehmen in Ravensburg. Kurz vor dessen Ende merkte sie: „Mir fehlt etwas.“ Und das war das Persönliche, das Miteinander, das sie aus dem elterlichen Betrieb kannte. Sie wollte nicht einfach nur eine Nummer im großen Räderwerk sein, sondern ein Mensch, der anerkannt wird, so wie er ist und so wie er sich einbringt. 2018 stand Frick vor der entscheidenden Weichenstellung: Studium beendet und jetzt? Sie tauschte das Business-Kostüm gegen die weiße Fleischer-Schutzkleidung und kehrte zurück nach Krauchenwies.

Zunächst „Mädchen für alles“

Zunächst arbeitete sie sich in die Administration ein, wollte aber auch alle anderen Arbeitsbereiche im Betrieb kennenlernen – egal, ob in Produktion, Verkauf oder Versand. „Ich war zunächst so etwas wie das Mädchen für alles. Überall, wo es geklemmt hat, bin ich eingesprungen. Das hat mir unheimlich viel gebracht“, resümiert sie. Im vergangenen Jahr besuchte sie die Meisterschule in Landshut. Unter den 31 Meisteranwärtern war sie nicht nur die einzige Frau, sondern auch – zusammen mit einem Kollegen aus Bayern – Lehrgangsbeste. Der Kurs, in dem sie Kollegen aus ganz Deutschland, Österreich und Luxemburg kennen lernte, habe sich zu einem verschworenen Haufen entwickelt, erinnert sie sich.

Und wie war für Silke Frick der Wechsel aus einem international orientierten Industrie- ins heimische Handwerksunternehmen? „Wir haben gottlob viele langjährige Stammkräfte, die bei uns arbeiten“, berichtet sie. „Die kennen mich zum Teil noch als Kleinkind.“ Deren Resonanz war positiv und ist es bis heute geblieben. Sich selbst beschreibt Silke Frick als eher ruhig und abwägend. „Ich renne nicht mit dem Kopf durch die Wand“, sagt sie. Sie versuche, für alles ein offenes Ohr zu haben und fügt hinzu: „Wenn es um Entscheidungen geht, fälle ich die auch und bin konsequent darin, sie umzusetzen.“ Mit diesem Grundsatz erarbeitete sie sich den Respekt ihrer Mitarbeiter. Sie weiß: „Den kriegt man gerade im Handwerk erst, wenn man selbst etwas leistet.“

Den Bonus der „Cheftochter“ habe sie nie gebraucht, sagt die junge Meisterin. Sie habe sich überall eingebracht, immer mit angepackt, egal, ob am Kutter oder beim Putzen. Genau wie ihr Vater war auch sie sich nie zu schade, auch mal den „Kärcher“ in die Hand zu nehmen. In der Wurstküche fühlt sie sich nach wie vor am wohlsten. Das komme jetzt leider viel zu kurz, aber wenn Frick es einrichten kann, flüchtet sie aus dem Büro und arbeitet an ihrem Lieblingsplatz oder im Verkauf. Denn der Umgang mit den Kunden und dem Team hinter der Theke ist ihr ausgesprochen wichtig. „Da kommt man ins Gespräch über Dinge, die nichts mit dem Betrieb zu tun haben. Das bringt Abwechslung in den Alltag. Ich genieße das sehr“, schwärmt sie.

Alltagserfahrungen zählen

Was sind derzeit die größten Herausforderungen in Silke Fricks Alltag? „Das Personal“, kommt es prompt. Noch habe man genügend Fachkräfte aus der Region, noch komme man auch im Verkauf gut durch. Seit vielen Jahren beschäftigen die Fricks Mitarbeiter aus ganz Europa, integrieren Menschen mit Flüchtlingshintergrund. „Da sind wir international aufgestellt und haben im Großen und Ganzen gute Erfahrungen gemacht“, ergänzt Seniorchef Karl Frick. Wichtig seien die Führungskräfte in den Filialen des Unternehmens. Denn diese sind über den Landkreis weit verstreut, und Zuverlässigkeit der Filialleitung ist das A und O. Aber personelle Engpässe gebe es immer wieder. Da seien dann Organisationstalent und Improvisationsgeschick gefragt. „Und das lernt man nicht unbedingt im Meisterkurs, sondern durch die Erfahrungen im Alltag“, weiß Silke Frick. Dass sie sich dabei auf ihre Eltern, die beide noch im Betrieb mitarbeiten, verlassen kann, sei eine große Hilfe.

Und wie war die Reaktion ihres privaten Umfelds auf ihre berufliche Veränderung? „Die meisten Freunde und Bekannten waren erst einmal verblüfft, als ich sagte, dass ich ins Metzgerhandwerk einsteige“, erinnert sie sich. Gerade für Frauen sei das oft schwer vorstellbar. Manche hätten gefragt, weshalb sie die Aussicht auf eine geregelte Arbeitswoche mit Karriereaussichten gegen das Metzgermesser mit langen, auch körperlich anstrengenden Arbeitstagen tauschen wolle. „Viele Menschen stellen sich unter dem Metzgerhandwerk noch immer die blutig verschmierte Gummischürze und die halbe Schweinehälfte auf dem Buckel vor“, bedauert die junge Meisterin. Das Image, das der Beruf in der Öffentlichkeit habe, entspreche einfach nicht der Realität. Frick: „Dass das Metzgerhandwerk vielseitig und kreativ ist und etliche berufliche Entwicklungschancen bietet, ist den wenigsten bekannt.“

Im privaten Umfeld versuche sie schon, Aufklärung zu leisten. In den vergangenen Jahren sei vieles in der Außendarstellung in der gesamten Fleischbranche nicht gut gelaufen – auch im Umgang mit den Mitarbeitern. Frick plädiert dafür, die Zugangsvoraussetzungen für die Fleischerberufe zu erleichtern – zum Beispiel bei der Qualifizierung von Quereinsteigern. „Das ist der Markt, den wir noch erreichen können. Die klassische dreijährige Berufsausbildung zum Fleischer oder zur Fachverkäuferin findet immer weniger Zuspruch.“ Gleichzeitig empfiehlt sie, die sozialen Medien intensiver zu nutzen und Kontakte zu den Schulen zu knüpfen. „Wir nehmen oft Praktikanten oder Ferienjobber auf. Über diese Schiene haben wir schon so manchen Lehrling gewonnen“, ergänzt Karl Frick.

In ihrer knappen Freizeit spielt Silke Frick Tennis und ist eine begeisterte Wintersportlerin. Es ist ihr wichtig, auch mal vom Schreibtisch wegzukommen, was selten genug klappt. Als Geschäftsführerin eines weit verzweigten mittelständischen Unternehmens muss sie Kontakte pflegen, den Einkauf im Blick haben, Personalgespräche führen und, und, und…
Frick in Krauchenwies

1949 eröffneten Silke Fricks Großeltern Karl und Theresa Frick ihre erste Fleischerei am Ortsrand von Krauchenwies. 1979 kam die erste Filiale in Sigmaringen dazu. Da hatten die heutigen Firmeninhaber Karl und Roswitha Frick das Zepter längst übernommen, setzten konsequent auf Wachstum und technische Innovationen. Sie eröffneten weitere Filialen, auch am Bodensee und im Schwarzwald. Mittlerweile firmieren 30 Fachgeschäfte unter „Metzgerei Frick“, davon gehören 14 der Familie von Karl Frick. Sein Bruder Manfred und dessen Sohn Philipp führen 16 weitere Fachgeschäfte. Produziert wird zentral in Krauchenwies.

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Informationen zu den Fleischerberufen sind hier abrufbar.

Quelle: afz - allgemeine fleischer zeitung 11/2023
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