Menschen im Fleischerhandwerk: Symbiose aus L...
Menschen im Fleischerhandwerk

Symbiose aus Leben und Job

Walther
Frauke Walther hat im Florstädter Familienbetrieb ihren eigenen Kompetenzbereich.
Frauke Walther hat im Florstädter Familienbetrieb ihren eigenen Kompetenzbereich.

FLORSTADT Frauke Walther führt mit ihrem Vater Klaus-Dieter und ihrer Schwester Maike Walther-Schneider das im hessischen Florstadt beheimatete Fleischer-Fachgeschäft in sechster Generation. Sie schätzt die familiäre Struktur des Unternehmens.

Ein starkes familiäres Umfeld, in dem sie ihre Kinder großziehen kann. Dieser Wunsch ist für Frauke Walther Wirklichkeit geworden. Die 35-Jährige führt gemeinsam mit ihrer Schwester Maike Walther-Schneider und ihrem Vater Klaus-Dieter Walther das im hessischen Florstadt (Landkreis Wetterau) ansässige Familienunternehmen.


Die Mutter zweier Töchter – Anna ist zwei, Alicia zehn Jahre alt – wuchs gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Maike (über die ebenfalls an dieser Stelle noch ein Porträt folgt) im elterlichen Betrieb auf. Familienleben und Arbeit griffen bei den Walthers sowohl räumlich als auch inhaltlich stets ineinander. Frauke Walther sagt stolz: „Wir führen diesen wunderbaren, 1860 gegründeten Betrieb in genau dieser Symbiose aus Leben und Arbeiten mittlerweile in der sechsten Generation.“

Eltern ließen stets freie Hand

Vor ihrem Einstieg in die Fleischerei schnupperte Frauke Walther zunächst in eine andere Lebensmittelbranche hinein: Sie besuchte den Gymnasialzweig der Friedberger Gesamtschule bis zur zehnten Klasse, ging mit der Mittleren Reife ab und ließ sich von 2004 bis 2007 im Caféhaus eines Marburger Spitzenhotels zur Konditorin ausbilden. Schon bald zog es sie zurück nach Hause: „Mir fehlte einfach die Wertschätzung für mein Arbeitstempo und mein Engagement, das ich von zu Hause kenne und eingebracht habe.“ Gleich die Ergebnisse der Arbeit zu sehen, hält Walther ebenfalls für ein wichtiges Argument, selbstständig zu arbeiten und ebenso die Tatsache, als Arbeitgeber ein sicherer Ort für viele Menschen zu sein. Frauke Walther verdeutlicht auch die Rolle ihrer Eltern Angela und Klaus-Dieter Walther bei ihrer Berufswahl und der ihrer Schwester: „Sie haben uns immer in allen unseren Ideen bestärkt, waren stets neutral und haben uns niemals zu irgendetwas gedrängt.“ Dass viele Fleischer-Kollegen ihren Kindern raten, auf keinen Fall ins Handwerk zu gehen, bedauert die 35-Jährige, die sich als stellvertretende Obermeisterin der Innung Wetteraukreis engagiert, sehr.

Nachdem Frauke Walther dem Konditorenhandwerk den Rücken gekehrt hatte, legte sie das Fachabitur mit Schwerpunkt Ernährung ab und begann 2008 eine Ausbildung zur Fleischerei-Fachverkäuferin. Die absolvierte sie zu Hause in Florstadt und erklärt: „Ich wollte die Lehre möglichst rasch durchziehen – auch weil klar war, dass meine Schwester den Betrieb nicht allein würde führen können.“ Weil sie bereits eine Gesellenprüfung in einem Lebensmittelberuf erfolgreich abgelegt hatte, war sie 2010, nach eineinhalb Jahren, fertig. Nebenberuflich schloss sie von 2011 bis 2012 einen Lehrgang zum „Zertifizierten Manager Food“ an, den das Reiskirchener Großhandelsunternehmen Enders seinerzeit gemeinsam mit der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) an den Start gebracht hatte und der leider aufgrund fehlender Teilnehmerzahlen nicht mehr angeboten wird. „In dem breit gefächerten Konzept gab es zehn Module von Marketing bis zur Personalführung. Es wurden viele Softskills vermittelt, die man durch Coachings lernen könnte“, erinnert sich Walther.

Erworbene Kenntnisse einsetzen

Alle erworbenen Kenntnisse kann sie heute in ihrem beruflichen Alltag gut gebrauchen und umsetzen. Während ihre Schwester Maike als Fleischermeisterin die Verantwortung in der Produktion trägt, sind Fraukes Bereiche Verkauf, Partyservice und Küche. Überdies kümmert sie sich um Personalplanung, Buchhaltung und all’ das, was täglich im Büro und an Schriftkram anfällt. Frauke Walther ist äußerst flexibel und sagt augenzwinkernd: „Ich bin immer da zu finden, wo es gerade brennt.“ Als klassische Führungsperson sieht sie sich nicht, beschreibt sich vielmehr als offenen, fröhlichen und sensiblen Menschen. Allerdings schränkt sie ein: „Es kann auch belastend sein, zu feine Antennen zu haben.“

2015 kam es zur Umfirmierung des väterlichen Einzelunternehmens in eine GmbH mit drei geschäftsführenden Gesellschaftern. Frauke Walther hält wie ihre Schwester und ihr Vater ein Drittel der Geschäftsanteile. Jede Schwester hat ihre betrieblichen Kompetenz- und Verantwortungsbereiche, über größere Investitionen entscheiden sie mit dem Vater gemeinsam. Wenn sich zwei Geschäftsführer einig sind, könnte der dritte überstimmt werden. „Das haben wir aber noch nie gebraucht, sondern immer einen Konsens gefunden, der für alle passt“, so Walther.

Gleichwohl entstehen dann und wann Reibungspunkte in der Betriebsführung. „Das ist wie überall im Leben. Oft sind es Kleinigkeiten – bedingt durch unterschiedliche, persönliche Herangehensweisen“, gibt Frauke Walther zu und ergänzt: „Wir kriegen das gut hin. Wenn es zwischen uns betrieblich mal knirscht, verbringen wir bewusst privat mehr Zeit miteinander, um das Positive zu stärken.“ Sie treffen sich im Garten und lassen ihre Kinder miteinander spielen. Auch wenn der Abstand zum Geschäft nie ganz gelingt, hat diese Herangehensweise ihre Vorzüge, findet Walther: „Es ist ein Unterschied, ob man im Betrieb oder bei einer Tasse Kaffee in der Sonne darüber redet.“

Enge familiäre Verbundenheit

Die familiäre Struktur schätzt sie ohnehin sehr: „Meine Schwester, meine Eltern und ich arbeiten alle zusammen, die Kinder sind oft auch hier im Betrieb.“ Trotz der persönlichen Nähe ist es Familientradition, dass morgens gemeinsam gefrühstückt und am Samstagsabend miteinander gegessen wird. „Wenn es möglich wäre, würden wir auch noch zusammen Urlaub machen“, beschreibt sie die enge Verbundenheit.

Weil Firma und Familie für sie im Vordergrund stehen, stellt Frauke Walther ihre eigenen Wünsche momentan hinten an. Ab und zu findet sie Zeit, um eine Freundin zu treffen. Ansonsten begleitet sie die Hobbys ihrer Töchter, fährt die Älteste beispielsweise regelmäßig zum Tanzen und ist froh darüber, dass ihr Ehemann vieles auffängt. Er ist bei der Telekom beschäftigt – eine bewusste Entscheidung der Schwestern lautet, dass ihre Partner nicht mit im Betrieb arbeiten.

Gefragt nach ihrer Zukunftsvision, hat Frauke Walther ganz konkrete Vorstellungen: „Ich möchte unseren Traditionsbetrieb weiterführen wie bisher und den Fokus auf innovative Produkte und größtmögliche Transparenz legen. Das bedeutet für mich, die Welt um mich herum im Rahmen meiner Möglichkeiten besser machen zu können.“ Die ortsansässigen Bauern, von denen die Walthers ihr Vieh beziehen, will sie stärken und ihnen ein Stück ihrer Lebensgrundlage sichern. Auch Tierwohl und Klima liegen ihr am Herzen: „Kurze Transportwege vermindern Stress und verringern Emissionen.“

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Informationen zu den Fleischerberufen sind hier abrufbar.

Quelle: afz - allgemeine fleischer zeitung 20/2023



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