Nachhaltigkeit: Fleisch ist besser als sein R...
Nachhaltigkeit

Fleisch ist besser als sein Ruf

imago / Chromorange
Über das wertvolle Lebensmittel Fleisch werden viele Nachrichten verbreitet, die wichtige Details nicht berücksichtigen.
Über das wertvolle Lebensmittel Fleisch werden viele Nachrichten verbreitet, die wichtige Details nicht berücksichtigen.

BONN Der Verband der Fleischwirtschaft räumt mit einigen Vorurteilen rund um Klimawandel, Ernährung, Tierhaltung und Produktion in Deutschland auf.

Die weltweite Ernährungssituation und die damit einhergehenden Probleme treffen so auf die deutsche Fleischwirtschaft nicht zu. „Hier wird ein einseitiges Zerrbild der Fleischproduktion gezeichnet“, kritisiert Dr. Heike Harstick, Hauptgeschäftsführerin des Verbands der Fleischwirtschaft (VDF), den Bericht „The Sustainable Food Revolution“ der Unternehmensberatung PwC Strategy&.

„Aspekte wie die Substitution von Wirtschaftsdünger durch Mineraldünger, der Erhalt des CO2-Speichers Grünland, die Effizienz der Tierhaltung in Deutschland verbunden mit einem weiter steigenden Fleischkonsum in Entwicklungs- und Schwellenländern bleiben ganz offensichtlich unberücksichtigt,“ nennt die VDF-Hauptgeschäftsführerin einige Beispiele.

Während Fleischproduktion und -konsum in Deutschland seit Jahren rückläufig sind, steigen sie weltweit an – vor allem in den Schwellenländern, so die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO. Die deutsche Landwirtschaft arbeite hingegen effizient und mit einem geringen Ausstoß an Klimagasen. „Während die Tierhaltung weltweit für 14,5 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist, sind es in Deutschland für die gesamte Landwirtschaft gerade einmal 7,8 Prozent. Sie ist also aus Klimagesichtspunkten sehr effektiv“, argumentiert Harstick.

Weltweite Durchschnittswerte sind ihrer Meinung nach für eine effektive Klima- und Landwirtschaftspolitik bedeutungslos und könnten nichts zu geeigneten Lösungen beitragen. „Denn die Nahrungsmittelerzeugung muss dem jeweiligen Standort angepasst sein. Eine Klimaanalyse der Nahrungsmittelerzeugung muss die jeweiligen natürlichen Standortfaktoren einbeziehen und die an dem jeweiligen Standort bereits etablierten Produktionssysteme berücksichtigen“, so ihr Argument.

Würde die Fleischproduktion in Deutschland weiter eingeschränkt, werde sie an andere Orte mit weniger Klimaschutz verlagert. Diese „Leakage-Effekte“ führten dazu, dass die Emissionseinsparungen in Deutschland in anderen Ländern durch mehr Produktion fast vollständig „aufgefressen“ würden, wie die Studie „Ökonomische und ökologische Auswirkungen des Green Deals in der Agrarwirtschaft“ der Uni Kiel zeigt.

Biogener Kreislauf

Zudem stammten die Klimagase der Landwirtschaft vor allem aus einem biogenen Kreislauf, in dem Pflanzen, Lebewesen und Umwelt Kohlenstoff wiederverwerten. Anders als Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger führten diese nicht zu einer Erhöhung der atmosphärischen CO2-Konzentration. Mit acht Prozent sei die Landwirtschaft in Deutschland verglichen mit Energiewirtschaft (32 Prozent), Industrie (24 Prozent), Verkehr (19 Prozent) und Gebäuden (15 Prozent) eine Branche mit geringen Emissionen.

Auch die immer wieder erhobene Forderung, Rindfleisch aus Klimagesichtspunkten durch Geflügelfleisch zu ersetzen, sei keine Lösung. „Nur mit Wiederkäuern kann das sogenannte Dauergrünland erhalten und für die menschliche Ernährung genutzt werden. Dieses ist nach Mooren der größte CO2-Speicher – noch vor Wäldern und Äckern“, erläutert Harstick.

Mit der Klimafrage allein sei es aber nicht getan. Auch Kreisläufe würden durchbrochen. „Bis zu 80 Prozent der pflanzlichen landwirtschaftlichen Produktion sind unmittelbar nicht für den menschlichen Verzehr geeignet.“ Wer kritisiere, dass 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen weltweit durch die Tierhaltung genutzt werden, berücksichtige dabei auch nicht, dass mehr als 60 Prozent nicht für den Ackerbau genutzt werden könnten und auf diesen Flächen überhaupt nur durch Nutztiere Lebensmittel erzeugt werden.

Verwertung der Pflanzenmasse

Nutztiere verwerteten die für Menschen nicht essbare Pflanzenmasse aus der landwirtschaftlichen Produktion und erzeugten dabei hochwertige Lebensmittel wie Milch, Käse und Fleisch. „Kühe und Schweine liefern zudem mit Gülle und Mist den sogenannten Wirtschaftsdünger. Ohne Nutztierhaltung müssten diese Düngermengen durch mineralische Düngemittel ersetzt werden, bei deren Produktion hohe CO2-Emissionen entstehen“, warnt Harstick.
Geringer Wasserbedarf

Auch beim Wasserbedarf ist Fleisch besser als sein Ruf, wie die Umweltschutzorganisation WWF in ihrem „Kulinarischen Kompass Wasser“ schreibt. „Im Vergleich zur flexitarischen, vegetarischen und veganen Ernährungsweise weist die derzeitige Ernährungsweise den geringsten Wasserverbrauch auf“, heißt es dort.

„Man kann nicht mit einzelnen pflanzlichen Ersatzprodukten für Fleisch oder Milch die Klimawende bewirken“, ist auch Dr. Malte Rubach überzeugt. Im Digital Talk „New Meat“ von afz - allgemeine fleischer zeitung und „Fleischwirtschaft“ im April dieses Jahres machte der Ernährungswissenschaftler und Buchautor deutlich, dass die Debatte um flexitarisch, vegetarisch oder vegan zu eng geführt werde. „Es gilt, das Gesamtbild zu betrachten“, argumentiert er und verweist auf die Ergebnisse der WWF-Studie, dass ausgerechnet eine vegane Lebensweise den höchsten Verbrauch an Frischwasser verursache. „Die Fleischproduktion benötigt zwar viel Wasser, findet aber in Regionen statt, in denen genug vorhanden ist. Viele pflanzliche Lebensmittel wachsen in vergleichsweise trockenen Weltgegenden und sind auf das künstliche Bewässern angewiesen“, erläuterte Rubach.

Neben dem hohen Frischwasserverbrauch habe eine rein pflanzliche Ernährung auch Schattenseiten wie die mangelnde Nährstoffversorgung, was vor allem in anderen, oft ohnehin ärmeren Teilen der Welt ein Problem sei.

Zudem sei nur ein Teil des Getreides oder der Hülsenfrüchte für die menschliche Ernährung geeignet, der Rest sollte in einer guten Kreislaufwirtschaft als Tierfutter dienen.

Quelle: afz - allgemeine fleischer zeitung 42/2022

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