Handwerkliche Schlachtung Zurück zu handwerklichen Wurzeln

Im Juni 2015 war Metzgermeister Karsten Schmidt der Überzeugung, dass die eigene handwerkliche Schlachtung nur Geld kostet. Die Belieferung mit Schweinehälften und Rinderteilstücken würde die Personalkosten senken, die Frische erhöhen und die Arbeit leichter machen, so glaubte das nicht nur die Familie Schmidt. Die Metzgerfamilie aus dem Hunsrück folgte damit einem weit verbreiteten Trend im Fleischerhandwerk und beendete das handwerkliche Schlachten.
Fortan kamen Fleischtransporter gefahren und lieferten Hälften, Viertel und Teilstücke von Rind und Schwein an. Aber das Fleisch war weniger fest als das aus der früheren eigenen Schlachtung. Die Metzger in der Produktion klagten, dass das zugekaufte Fleisch nicht so gut rieche wie das früher selbst erschlachtete. Kurzum, es war einfach nicht mehr die gewohnte Qualität bei der Verarbeitung. Besonders beim Rindfleisch erinnert sich der 24-jährige Metzgermeister, dass es nicht mehr so gut war, wie früher von den eigenen Tieren und aus handwerklicher Selbstschlachtung: „Beispielsweise wurde es an den Rückenknochen schneller schmierig und trocknete angeschnitten schneller aus.“
Dann klagten auch die teilweise zur Inhaberfamilie der Metzgerei gehörenden Bauern, welche vormals jeden Montag die Schlachttiere anlieferten, über den Wegfall eines seit Generationen treuen Abnehmers. Mehr und mehr spürten die Schmidts, was alles fehlte, seit sie nicht mehr selbst schlachteten.
Erhalt regionaler Strukturen Schlachten mit breiter Brust
Natürlich sparte man nach dem Wegfall der Schlachtung Arbeitszeit, die Kündigung eines Fleischers konnte so leichter verkraftet werden. Aber ein betriebswirtschaftlicher Vorteil entstand nicht: Die leicht gesunkenen Personalkosten wurden bedingt durch den Fleischzukauf mit einem höheren Wareneinsatz wieder ausgeglichen. Wenn Karsten Schmidt heute an die Zeit ohne handwerkliche Schlachtung zurückdenkt, sagt er: „Das war einfach kein rundes Ding mehr.“

Es fügte sich gut, dass die Metzgerei Zinnecker-Schmidt die EU-Zulassung als Schlachtbetrieb vorsorglich nicht zurückgegeben hatte. Im Januar 2016 wäre die Zulassung ausgelaufen, da entschieden Karsten Schmidt und sein Vater, dass die Verlängerung der Zulassung beantragt werden sollte. Man hatte ja ohnehin alle für die handwerkliche Schlachtung erforderlichen Anlagen und Maschinen behalten.
Die Vorteile
Tierschutz durch das Prinzip Einzelschlachtung + Fleischqualität: Festigkeit und „weiche Qualitätsfaktoren“ + Fleischsicherheit: viele Risiken entfallen + Fleischhygiene: einwandfreie Arbeit durch gelernte Fachkräfte + Marketingvorteil im Wettbewerb gegen Billigfleisch + Begründung für einen Mehrpreis an der Theke + Existenzsicherung für bäuerliche Landwirte + Basis für Vertragslandwirtschaft + Förderung regionaler Waren- und Wirtschaftskreisläufe + Sicherung des immateriellen Kulturguts HandwerkDie Verkäuferinnen hatten wieder bessere Argumente für das Fleisch und die Wurst. „Jede Verkäuferin kannte wieder den Bauern, von dem das Schwein stammte und konnte erklären, warum unsere handwerkliche Schlachtung ein Vorteil für den Tierschutz und die Fleischqualität ist. Die Kunden sehen ja bei uns, dass der Bauer dabei ist, wenn die Tiere angeliefert werden. Wenn der Viehanhänger mit einem einzelnen Rind ankommt, kann auch niemand an Massentierhaltung denken“, so Schmidt.
Die Nachteile
Handwerkliche Schlachtstätten und Gemeinschaftsschlachthöfe sind zwingend erforderlich + Metzger, die schlachten können, sind knapp + Höhere Schlachtkosten + Höhere Beschaugebühren + Höherer personeller AufwandBleibt die Frage, wie sich die Wiedereinführung der handwerklichen Schlachtung rechnet. Dazu berichtet Schmidt von einem Nullsummenspiel: „Der Materialeinsatz ging nach unten, sonstige Kosten gingen etwas nach oben, Personalkosten blieben gleich. Der Ertrag blieb unmittelbar nach Wiedereinführung der Schlachtung gleich. Aber jetzt hatten wir wieder ein starkes Argument für unser Fleisch und trauten uns wieder eher, einen angemessenen Mehrpreis für unsere Qualität zu nehmen. Daher hat sich letztlich der Gewinn verbessert.“ Der junge Metzgermeister Karsten Schmidt, der sich auf die Übernahme des elterlichen Betriebs vorbereitet, ist sich seiner Sache und auch des Schlachtens sicher. Er erinnert sich: „Früher einmal hatte ich Sorge, dass man vielleicht das Schlachten eher verstecken sollte. Dass man das Hoftor schließen sollte, damit niemand sieht, dass da auch Blut fließt. Heute stehe ich mit voller Stolz hinter unserer handwerklichen Schlachtung. Das ist einfach das bessere System. Nur mit Schlachtung ist das für mich wirklich Metzgerhandwerk.“