
Regionale Wirtschaftskreisläufe Nicht nur in der Krise sind kurze Lieferketten ein Gewinn
Für Krankenhäuser und Arztpraxen gibt es aktuell nicht genügend Schutzbekleidung. Maschinenbauer bangen um den Nachschub von Bauteilen für ihre Fertigung. Die Produktion wichtiger Arzneimittel in Indien für den deutschen Markt stockt, weil die Lieferungen pharmazeutischer Wirkstoffe aus China lahmgelegt sind. Das macht nachdenklich. Abseits aller Vorteile der Globalisierung fragt man sich: Müssen die Wertschöpfungsketten wirklich so weit gespannt sein? In Krisenzeiten fällt zumindest auf, welche Anfälligkeit diese weltumspannende Arbeitsteilung mit sich bringt.
Und von einer schnellen Erholung ist scheinbar nicht auszugehen. Wirtschaftsexperten sehen aktuell vor allem den Mittelstand der chinesischen Unternehmen in Gefahr, denn sie werden als erstes mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben. Und nicht wenige werden diesen Kampf verlieren, sagen die Ökonomen voraus. In manchen Sektoren wird es in der Produktion also auf längere Sicht haken. Viele Unternehmen werden sich umorientieren und nach neuen Partnern Ausschau halten müssen.

Wer seine Waren regional bezieht, sieht sich als Teil der Wirtschaftskreisläufe am Ort und übernimmt damit auch Verantwortung. Er zeigt, dass er nicht immer dem günstigsten Preis hinterherhechelt, sondern vielmehr für eine gleichbleibende Qualität bereit ist, den passenden Preis zu zahlen. Und das ist nötig, um wiederum den eigenen Kunden im Fachgeschäft eine verlässliche Qualität zu bieten. Wer könnte die gelebte Regionalität glaubwürdiger rüberbringen als der Fleischermeister, der noch weit über seinen Fleisch- oder Tierbezug hinaus mit dem wirtschaftlichen und sozialen Leben am Ort verwoben ist? Die Käufer wissen dieses Lokalkolorit und die damit verbundene Verantwortung zu schätzen. Das belegen die stetig steigenden Umsatzzahlen im Fleischerhandwerk und das seit Jahren wachsende Interesse an höherwertigen Fleischqualitäten, nicht nur aus Südamerika oder den Vereinigten Staaten. Wer nun noch seinen Part erfüllen muss, um diese lokalen Kreisläufe – dort wo sie funktionieren – zu stärken oder andernorts neu aufzubauen, ist die Politik. Die Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden müssen die Versprechungen aus ihren Sonntagsreden endlich einlösen. Das beginnt bei der Befreiung kleiner und mittelständischer Unternehmen von überflüssiger Bürokratie, geht über auch für KMU umsetzbare rechtliche Vorgaben und endet noch lange nicht bei der wohlwollenden Unterstützung bei Erweiterungs- oder Neubauvorhaben von handwerklichen Metzgereien vor Ort. Das Lebensmittelhandwerk ist schließlich nicht nur Garant für eine wohnortnahe Versorgung. Überdies ist es Ausbilder, lokaler Steuerzahler und vieles mehr.
Die Corona-Epidemie hat schon jetzt an vielen verschiedenen Stellen Schwachpunkte offen gelegt: in der Versorgung mit Arzneimitteln und sonstigen Medizinprodukten oder in unserem föderalen System. Daneben könnte eine der Lehren, die man aus der Corona-Epidemie sowie der damit verbundenen Krisenstimmung und Hysterie zieht, eine Rückbesinnung auf die regionale Erzeugung sein – zumindest da, wo es möglich ist.